MOM Moorlandschaft Ostfriesische Meere
Presseerklärung
Moorlandschaft Ostfriesische Meere: Naturwirtschaft als neue Klammer
Öffentliche Abschlussveranstaltung in Aurich – dann beginnt der politische Entscheidungsprozess
Am 17.11.2008 um 18:30 findet im Seminarhotel Aurich am Grünen Weg 2 die Abschlussveranstaltung eines umfangreichen Beteiligungsprozesses statt. Eingeladen sind nicht nur Antragsteller und Gäste der bisherigen Workshops, sondern alle interessierten Bürger. Was die Region Ostfriesland im Wettbewerb "Idee.Natur" in der letzten Antragsstufe bei den ausschreibenden Ministerien einreicht, wurde seit Juli in insgesamt sechzehn öffentlichen Workshops erörtert.
Am Ende muss ein integrierter Projektantrag von 100 Seiten Umfang eingereicht werden. Allerdings sind noch politische Hürden zu nehmen. Erst wenn die politischen Gremien des Landkreises Aurich entsprechend beschließen, geht das Papier in die Endredaktion und Ende Dezember dann auf seinen Weg nach Bonn. Dieser Prozess beginnt wahrscheinlich am 24. November im Umweltausschuss des Landkreises. Sollte der Kreistag das Vorhaben im Dezember dann auf den Weg bringen, geht es um Fördermittel in Höhe von bis zu 10 Mio. Euro für insgesamt 10 Jahre aus dem Bundesumweltministerium (BMU) für ein neues Naturschutzgroßgebiet rund um das Ewige und das Große Meer, und um etwa eine weitere Mio. Euro vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV).für insgesamt fünf Jahre für begleitende Maßnahmen der ländlichen Entwicklung.
Flächen sind knapp geworden. Wohnungsbau, Straßenbau, Windkraft, Gasleitungen und die dynamische Entwicklung der Häfen in Ostfriesland konkurrieren mit landwirtschaftlichen Nutzungsinteresse. Kontroverse Wahrnehmungen rund um das Großschutzgebiet "Flumm Fehntjer Tief" überschatten das neue Vorhaben. Entsprechend radikal sind die Auflagen, die der Landkreis Aurich dem kleinen Projektteam mitgegeben hat, das den Antrag jetzt erarbeitet:
das neue Großschutzgebiet soll ausschließlich bereits bestehende Naturschutzgebiete zusammenfassen und keine neuen schaffen,
insbesondere keine Landwirtschaft aus der Fläche verdrängen
und ohne Landankäufe durch den Landkreis möglich sein.
Das Finanzierungskonzept soll für den Landkreis keine Folgekosten nach Projektablauf offen lassen.
…
….Dazu die Geschäftsführerin des Vereins:
"Das sind spannungsreiche Randbedingungen und in vielen Regionen würden sie eine unlösbare Gleichung darstellen.
In Ostfriesland jedoch sind die Voraussetzungen nicht schlecht. In einer realen Welt geht natürlich nur wenig auf "Null" auf, aber wir kommen diesen Auflagen doch sehr, sehr nahe. Neue Schutzgebietsausweiungen für das Projekt können wir tatsächlich vollkommen ausschließen, auch Ankäufe heute landwirtschaftlich genutzter Fächen durch den Projektträger.
Und das Projekt steht nicht isoliert da. Am Großen Meer liegen bereits Planungsgrundlagen aus der mehrjährigen Arbeit des "Runden Tisches" auf dem Tisch. Dort wie am Ewigen Meer bestehen bereits große Naturschutzgebiete, für die sich eine gemeinsame Pflege- und Entwicklungsplanung anbietet. Allein diese wird nach Projektstart zwei Jahre Zeit haben – sollte wider Erwarten dabei neuer Konfliktstoff aufkommen und die gesamte Planung scheitern, kann der Träger 2011 die Reißleine ziehen und das Vorhaben abbrechen. Insofern fährt hier kein Zug nach Nirgendwo, es sind auch keine Romantiker am Werk, sondern wir arbeiten an einem durchstrukturierten Projektplan mit klaren Zielen, die das ganze auch kontrollierbar machen und Transparenz schaffen.
Das Erreichen der Endrunde ist im übrigen ein Riesenerfolg für die Region. Hier erkennt der Bund an, dass die Landschaft Ostfrieslands auch im Binnenland von "gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung".ist und besondere Fröderung verdient.
Das möchten wir optimal nutzen, umsomehr, als Landwirtschaft und Naturschutz in Ostfriesland in den letzten Jahren gelernt haben, wechselseitige Vorteile in der Zusammenarbeit zu finden. Das ist einerseits ein mühsamer und langwieriger.Prozess, und die aktuelle Marktsituation im Milch- und Energiebereich macht ihn nicht einfacher.
Doch die neuen Rahmenbedingungen der EU schaffen in der sogenannten 2. Säule der Förderung neue Spielräume, in denen Landwirtschaft und Naturschutz sich ohnehin zusammenfinden müssen: wenn Flächen so knapp sind und Wasser- und Klimaschutz an Bedeutung gewinnen, können effiziente arbeitende landwirtschaftliche Betriebe und der Naturschutz nicht in wechselseitig streng eingezäunte Reservate verbannt werden, sondern die Sicherung der Lebensgrundlagen, der Schutz von Struktur- und Artenvielfalt muss genauso auskömmlich honoriert werden wie die Gewinnung von Lebensmitteln und Biogas.
Hier bietet das aktuelle Vorhaben alle Chancen eines Modellprojekts: während die BMU-Mittel nur im Naturschutzgroßgebiet eingesetzt werden dürfen, steht das Geld aus dem BMELV im gesamten "Projektgebiet", das heißt im Gebiet aller beteiligten Gemeinden und Kommunen rund um das Schutzgebiet zur Verfügung. So kann die Landwirtschaft auch übergeordnete Themen erarbeiten, und es lassen sich Anfänge für Tourismus und Umweltbildung in den Gemeinden der ostfriesischen Moorlandschaft unterstützen.
Unter anderem ist ein "Grünbuch" für landwirtschaftlichen Vertragsnaturschutz im Gespräch. So wichtig der strenge Schutz besonders wichtiger naturnaher Flächen immer bleiben wird, so wichtig werden in Zukunft auch Naturschutzleistungen durch landwirtschaftliche Betriebe in der Fläche, auch auf intensiv genutzten Flächen. Wie solche Verträge aussehen, wie hoch die Vergütungen sind, welche Laufzeiten möglich sind – dieser "neue Markt" steckt sicherlich noch in den Kinderschuhen.
Fachleute der Landwirtschaftskammer Niedersachsen selbst sehen daher in "Idee.Natur" eine große Chance, neue Modelle in Ostfriesland praktisch zu erproben. Das möchten wir tun, und während die "klassischen" Naturschutzmaßnahmen sich ausschließlich auf bereits bestehende Naturschutzgebiete in öffentlicher Hand beziehen werden, sehen wir erhebliche Mittel für den freiwilligen, erfolgshonorierten Vertragsnaturschutz vor und hoffen, damit neue, nachhaltige Wege der Landnutzung für die Region ebnen zu helfen. "